25 Oberstufenschüler der Sankt Lioba Schule bei der „UN-Konferenz“ in Oldenburg
Dominik Ulke hebt den Blick von dem kleinen Zettel, der vor ihm auf dem Tisch liegt, und sagt in die Runde: „The resolution has passed. Clapping is now in order.“ Zwar applaudieren aus Höflichkeitsgründen alle Delegierten, aber längst nicht jeder grinst so breit wie die Delegierte Saudi-Arabiens – denn dass die nun fertig diskutierte Resolution von einer Mehrheit angenommen wurde, ist nur für jene ein Erfolg, die den Entwurf zuvor auch unterzeichnet haben. Der andere, resigniert drein-blickende Teil des Komitees rechnet sich nun schlechtere Chancen auf Zustimmung zum eigenen Lösungsvorschlag aus.
In einem eher unpersönlichen Ton werden Diskussionen geführt, Reden gehalten und Entscheidungen getroffen, alles auf Englisch. Ab und an müssen die beiden Vorsitzenden des Komitees FAO (Food and Agricultural Organization), Dominik Ulke und Wiebke Meißner, allerdings auch einzelne Delegierte ermahnen, wegen unangemessener Kleidung beispielsweise („Sneakers im Komitee gehen gar nicht.“).
Denn obwohl das Prozedere dem der Vereinten Nationen beinah bis aufs kleinste Detail gleicht, so wird ein Beobachter der Konferenz sich doch über zwei Sachen wundern: über das Alter der Diplomaten sowie über den Konferenzsaal, eine Schulmensa. Die einfache Erklärung für derlei Auffälligkeiten: Es handelt sich um eine „Model United Nations“-Tagung (MUN), nicht um die echte UN, sondern um ein Planspiel für Schüler, das die Arbeit der Vereinten Nationen möglichst authentisch simulieren soll. Die Idee dahinter ist, jungen Menschen die Organisation verständlich zu machen und sie an demokratische Lösungsfindung und aktuelle Problematik heranzuführen. Meist geschieht das zwar unter dem Namen einer Universität oder einer Schule, organisiert werden die Konferenzen aber überwiegend von Schülern.
Gerade bei jener MUN, die 25 Liobaner der Jahrgänge E2 und Q2 letzte Woche be-suchten, ist das Jahr für Jahr eine Mammutaufgabe: 2016 reisten gut 700 Schülerinnen und Schüler aus einem Dutzend Ländern nach Oldenburg, um eine Nation bei der OLMUN zu vertreten, in anderen Jahren waren es etwas weniger. Ihr Umfang und dass diese spezielle Konferenz so international ist, machen sie noch schöner. So lernen die Schüler nicht nur durch die vorbereitende Recherche, sondern auch im Gespräch unheimlich viel über andere Systeme, Sprachen und Kulturen.
Während der vier Tage wurden in neun verschieden großen Komitees Resolutionen zu vorgegebenen Problemen ausgehandelt. Der „Economical and Social Council“ kümmerte sich um Robotkampfsysteme, die schon erwähnte FAO sprach über globale nachhaltige Landwirtschaft und die „General Assembly 3rd“ diskutierte sehr kontrovers über Rechte für LGBT-Menschen (Lesbian-Gay-Bisexual-Transgender), ein Thema, an das sich selbst die echte UN noch nicht wirklich herangetraut hat.
Die Bad Nauheimer Gruppe von der Sankt Lioba Schule hatte etwas, das sie von allen anderen angereisten Schuldelegationen unterschied: Zwei engagierte Schülerinnen der Q2 planten und leiteten die Fahrt vollständig autark, von Hin- und Rückreise über die Unterbringung bis hin zum gemeinsamen Abendessen im Restaurant. Auch im Juni 2015 hatten Anna Sach und Sophia Herig das schon großartig gemacht.
Im nächsten Jahr werden andere Lioba-Schüler aus der E-Phase ihre Aufgabe übernehmen. Allerdings dürfte es nicht schwer werden, Nachwuchs zu finden; alle Neulinge waren begeistert und freuen sich schon jetzt auf die nächste OLMUN. Niemand von ihnen dürfte je wieder vergessen, wie aufwändig und anspruchsvoll es ist, auf internationaler Ebene Lösungen für große Probleme wie die Verschmutzung der Ozeane zu finden. „Wir haben sowohl Respekt vor als auch Kritik an der UNO mitgenommen, vier Tage lang wenig Schlaf bekommen, aber vor allem viel Spaß gehabt“, lautet denn auch das Resümee der Teilnehmerin Lucia Parbel.