Zoodirektor Prof. Dr. Niekisch Gast beim Dialog der St.-Lioba-Stiftung
Nach der Börsenexpertin Anja Kohl und dem langjährigen Fraport-Chef Wilhelm Bender konnte die St.-Lioba-Stiftung zum zweiten Dialog am Montagabend in der Aula der Schule wiederum einen in exponierter Funktion tätigen Gast begrüßen. Gekommen war Prof. Dr. Manfred Niekisch, Leiter des Frankfurter Zoologischen Gartens, in Kurzform "der Zoodirektor". Die Begrüßung für die Stiftung übernahm Dr. Johannes Peil, der zunächst darauf verwies, dass die Schule in Trägerschaft des Mainzer Bistums nach wie vor etwas sei, das andere Regionen gerne kaufen würden, wenn es denn möglich wäre. Vergleichbare Schulen würden sich ähnliche Angebote nicht selten für ein Schulgeld von 3-4-stelliger Höhe bezahlen lassen, worauf die Schule in Trägerschaft des Bistums Mainz nach wie vor verzichte.
Prof. Dr. Niekisch stellte er als einen Mann vor, der sich von Jugend an dem Naturschutz, der auch Thema seiner Dissertation gewesen sei, verschrieben habe. Er vertrete nicht selten Positionen, die man eher von Greenpeace als einem Zoodirektor erwarte.
Prof. Dr. Niekisch, gerade am Vortrag aus Indien zurückgekommen, machte sofort klar, dass man nicht BIlder von possierlichen Erdmännchen oder knuffigen Eisbären von ihm erwarten könne, dafür aber eine ehrliche Bilanz über den Eingriff des Menschen in die Natur. Biololgische Diversität sei nicht mit Artenvielfalt gleichzudsetzen, sondern lasse sich unterscheiden in Intradiversität (in einer Art), Interdiversität (zwischen mehreren Arten) und stofflicher Diversität (Stoffkreisläufe). Die größte Diversität lasse sich in den Tropen finden, bei Nährstoffarmut viele Arten in wenig Individuuen, bei Nährstoffreichtum wenige Arten mit viel Individuen. Geschätzt gehe man heute von 1,8 Millionen Tier- und Pflanzenarten aus, die geschätzte Zahl dürfte zwischen 5 und 100 Millionen liegen.Jeden Tag, so Prof. Dr. Niekisch, dürften zwischen drei und 300 Arten von der Erde verschwinden - unwiederbringlich. Die letzte Rote Liste sei 2000 erschienen, sie sei längst zu umfangreich, um noch gedruckt zu werden.
Kritisch setzte er sich auch mit vermeintlich bekannten Arten auseinander. Dass eine Spezies häufig sei, heiße noch nicht, dass man ihr Verhaltensrepertoire oder ihren Platz im Ökosystem kenne. Problematisch sei auch die Entscheidung der Schutzwürdigkeit, an der beim Breitmaulnashorn keiner zweifele, wohl aber beim Moskito. Viele Bilder aus verschiedenen Kontinenten von Bolivien bis Vietnam, von der Sierra Nevada di Santa Marta bis zum Mekongdelta machten deutlich, wie intensiv der Landschaftsverbrauch auf der Welt sei. Insbesondere die Vernichtung der Wälder sei ein gewaltiges Problem, denn ein Wald müsse, um zu funktionieren, artenreich sein. Amazonaswälder würden ausgelöscht, um Soja anzubauen. Im Mekongdelta entstünden für maximal 5 Jahre Shrimpsfarmen, von denen danach ein toter Tümpel verseucht und nutzlos zurückbleibe. 7 von 10 Seefischarten seien hoffnungslos überfischt. Die berüchtigten somalischen Piraten seien vorher ehrliche Fischer gewesen.
Der Klimawandel könne in Rheinland-Pfalz den Riesling bedrohen, Heilkräuter könnten verschwinden, bevor man ihren Nutzen erforscht habe. Diversität könne man völlig richtig als Menschenrecht bezeichnen, während überzogene Forderungen wie "Menschenrechte für Menschenaffen" zum "blödesten zählten, was er je gehört habe" .Die CBD (Convention of Biological Diversity) betone die Nachhaltigkeit, Lösungsmodelle müssten dem sozialen Kontext angepasst sein.Kurz nur ging der Zoodirektor auf die Rolle der Zoos ein. Sie könnten zwar bedrohte Arten retten, seien aber keine Arche Noah. Im Anschluss an Darwin lasse sich sagen: "Biodiversität ist die Basis der Evolution des Lebens". Mit dem Schutz der Biodiversität könne das Klima geschützt, die Armut bekämpft und der Frieden gesichert werden.
Abschließend machte Prof. Dr. Niekisch, der sich freundlich und kompetent allen Fragen im Dialog stellte,den Besuchern klar: "Jeder hat unendlich viele Möglichkeiten zum Schutz der Biodiversität".Optimistisches Ende eines sehr nachdenklich machenden Vortrags.