Im Sinclair-Haus: Reichlich Anregungen für die Wahrnehmung des Waldes bot die Aus-stellung „Wälder: Von der Romantik bis in die Zukunft“.
Siebtklässler entdecken künstlerische Formen der Wald-Wahrnehmung
Reger Austausch unter dem Blätterdach des Waldes. „Kann ich dir helfen?“, fragt die Birke, und die Tanne antwortet: „Ja, kannst du mir etwas von deinem Kohlenstoff schicken? Jemand hat meine Knospen mit einem Tuch verdeckt.“ Was wie der Beginn eines Märchens anmutet, ist tatsächlich Teil der biochemischen Entdeckungen über Duftkommunikation in Baumnetzwerken. Mehr noch als Menschen senden Bäume mit individuellen Duftstoffen Informationen an ihresgleichen und andere Lebewesen. Agnes Meyer-Brandis’ Kunstprojekt ‚One Tree ID‘ enthüllt diese duftende Sprache der Bäume und lädt die Interessierten ein, den Wald mit neuen Sinnen zu erleben.
Mit dem Hauch eines zitronig-moosigen Baumparfüms auf ihren Handgelenken be-gannen die Schülerinnen und Schüler der Klasse 7e und der ErasmusPlus-AG ihre ästhetische Erkundung von Wäldern. Die Gelegenheit dazu bot der letzte Wandertag der Sankt Lioba Schule, der die Jugendlichen unter anderem ins Bad Homburger Sinclair-Haus führte. Begleitet wurden die Gymnasiasten dabei von ihrer Kunstlehrerin Jessica Fabiano und Schulpfarrerin Christin Neugeborn.
Die Ausstellung „Wälder: Von der Romantik bis in die Zukunft“ führte die Siebtklässler durch verschiedene Assoziationsräume – durch die grüne Pracht und Geheimnisse der Wälder, durch Waldlust und Waldangst, durch das Unheimliche und das Wunderbare.
Dabei wurde besonders eines deutlich: Wälder sind mehr als das, was wir sehen können; darum braucht ökologische Bildung mehr als naturkundliches Wissen. So entdeckten die Schülerinnen und Schüler ganz im Sinne eines modernen Nachhaltigkeitsbegriffs die ökologische Nachhaltigkeit und das umweltfreundliche Verhalten durch die Linse der Kunst.
Die Sankt Lioba Schule, bekannt für ihr Engagement als Umweltschule, sieht in solchen Exkursionen eine Erweiterung des ökologischen Bildungsansatzes. Denn die Wälder-Ausstellung bietet ein entscheidendes Mehr: Jedes Ausstellungsstück formuliert eigene Fragen und Sichtweisen zum Verhältnis von Mensch, Natur und auch Gott. Was bedeuten Wälder für den Menschen – und Menschen für die Wälder? Und welche Annahmen über die Natur prägen unsere Umgangsweisen mit ihr?
Solche sowohl religiöse wie ethische Fragestellungen steigen mit den Schülerinnen und Schülern ins Atelier des Hauses hinauf. Dort malen, stempeln, frottieren die Jugendlichen mithilfe von Waldprodukten in Gemeinschaftsleistung einen eigenen Wald als Verbildlichung der gegenseitigen Angewiesenheit aller Elemente im Organismus Wald. Dieser Ansatz wird seitdem auch im Kunstunterricht aufgegriffen.
„Wie im echten Leben zwischen den Menschen: Wenn einer den anderen nicht achtet und warnt, wird er zurückgelassen und vergeht“, resümiert einer der Schüler, dessen mühevoll aufgetragene Tierwelt von einem Mitschüler mit schwarzen dicken Stämmen verdeckt wurde. Mit dieser Einsicht wird die künstlerische Annäherung an Wälder auch zum Hoffnungsruf nach einem guten System, in dem sich alle gegenseitig helfen und stützen – ein bleibendes Sehnsuchtsbild sowohl für die Lioba-Schulgemeinschaft wie auch für die gesamte Weltgesellschaft.
Die Teilnahme an der Ausstellung und die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Wald haben die Schülerinnen und Schüler dazu angeregt, über ihre Rolle in der Natur und die Bedeutung ökologischer Nachhaltigkeit nachzudenken. Dieser Ansatz entspricht den Zielen des ErasmusPlus-Programms und unterstreicht die Bedeutung der Integration von Kunst und Umweltbildung in den Lehrplan. Die ErasmusPlus-AG der Sankt Lioba Schule befasst sich derzeit mit der Bedeutung von Wasser für die menschliche Entwicklung. Nachhaltigkeit meint, nicht mehr zu verbrauchen, als die Natur regenerieren kann. Dieses Prinzip ist heute relevanter denn je und bildet die Grundlage für verantwortungsvolles Handeln im Einklang mit der Umwelt. Die Wurzeln der Nachhaltigkeit, die im Wald liegen, sind ein mächtiger Hinweis auf die Notwendigkeit, die Ressourcen der Erde verantwortungsvoll zu nutzen und für zukünftige Generationen zu bewahren.