Theater-AG überzeugte an drei Abenden - Reicher Beifall für Laienspieler
Mit insgesamt drei Aufführungen in der vergangenen Woche schickte sich die Theater-AG der Bad Nauheimer St.-Lioba-Schule unter der bewährten Leitung von Thomas Gölzhäuser und Dr. Georg Jung an, den seit langen Jahren erworbenen Ruf einer hervorragenden Laienbühne zu untermauern. Dies gelang in jeder Hinsicht, hatte man doch das ursprünglich gewählte Stück vorerst zurückgestellt, als klar wurde, dass es einfach nicht genug weibliche Rollen hergab. Erfahrungsgemäß sind es in erster Linie Schülerinnen, die ihre Freude am Theaterspiel haben. Mit Molières "Der eingebildete Kranke" standen immerhin mehrere Rollen zur Besetzung durch die holde Weiblichkeit an. Nicht genug, wie sich herausstellte, aber da fand das Ensemble mit den Akteuren zusammen eine praktikable und, wie die Aufführungen bewiesen,geglückte Lösung: einerseits die Doppelbesetzung zweier Hauptrollen, andererseits eine Akteurin für drei Rollen.
Das Stück Molières selbst ließ den Zuschauern überhaupt keine andere Möglichkeit, als herzhaft, zum Teil sogar Tränen zu lachen. Nun verbietet es sich von selbst, über Kranke zu lachen, wenn der Kranke aber eine fast schon suchtartige Neigung zur Anwendung von Klistieren und Einnahme von Medikamenten hat, obwohl er eigentlich kerngesund ist, kann Heiterkeit nicht ausbleiben. Dass Molière selbst ein ausgesprochen skeptisches Verhältnis zur Ärzteschaft hatte, lässt das Stück ahnen. Bestätigt wird es durch das sehr sorgfältig zusammengestellte Programmheft.
Die Handlung der Komödie ist relativ einfach. Argan, der eingebildete Kranke, der trotz seiner hübschen Frau Béline, gespielt von Clara Kreuzkamp, das höchste der Gefühle beim Einlauf erlebt, möchte aus Eigennutz einen Arzt in der Familie haben, wozu ihm die Verheiratung seiner älteren Tochter Angélique der ideale Köder zu sein scheint. Angélique, von Jennifer Storbeck in allen Phasen der Verliebtheit bis zur aufgezwungenen Begegnung mit dem tumben Kandidaten Thomas Diafoirus (Pirmin Braun) glänzend gespielt, hat allerdings längst ihre eigene Wahl getroffen. Die fiel auf ihren feschen Cléante (Karl Hermandi), der sich als Ersatz-Musiklehrer in Argans Haus mogelt. Dabei lernt er nicht nur seinen erhofften Schwiegervater kennen, sondern auch seinen rhetorisch hochgradig minderbegabten Konkurrenten und dessen stolzen Vater, den Arzt Monsieur Diafoirus (Thomas Renner). Argans jüngere Tochter Louison (Sophie Billen) kann der Hypochonder noch einschüchtern, gegen seine energische Schwester Béraldine (Johanna Bernhard) ist er völlig chancenlos. Sie macht dem Hypochonder klar, was ihrer Meinung nach von der Medizin und insbesondere der damals populären Viersäftelehre zu halten ist. In diesem Aufzug wird Argan von Justus Gaukel gespielt, dem drastisch vor Augen geführt wird, dass sein vermeintlich liebevolles Eheweib diese Rolle wirklich nur spielt .Dabei kommt er auch zu der Erkenntnis, dass seine beiden Töchter ihn wirklich lieben. Was heißt, dass Angélique ihre Bestimmung als Gattin Cléantes und nicht als Nonne finden wird.
Der Argan der ersten beiden Aufzüge wird von Sebastian Hoffmann dargestellt, der sein Talent auch schon in der englischen Theater-AG unter Beweis stellte und alle Register des eingebildeten Kranken ziehen kann. Beide Schauspieler in der Rolle des Argan haben auch eine weitere Verbündete Angéliques als Gegenspielerin, das Dienstmädchen Toinette, in den beiden ersten Akten von Marieluise Clotz, im dritten von Magdalena Kosch jeweils mit viel Charme gegeben. Beiden gemeinsam ist, dass sie sich von den oft beleidigenden Herabsetzungen Argans nicht schrecken lassen und ihn geschickt führen, während er glaubt, sie zu beherrschen. Mit Köpfchen und Raffinesse sorgen sie dafür, dass Argan auch im arg beeinträchtigten Geist-Seele-Bereich gesundet. Der keineswegs leichten Aufgabe, gleich drei unterschiedliche Rollen zu übernehmen, unterzog sich mit kleinen Veränderungen in der Requisite und viel mimischem Geschick Maren Stocklöw als Argans Arzt, Apotheker und Notar. So gab es in jeder Hinsicht ein gutes Ende. Zur großen Freude der Theater-AG und ihrer Regisseure kamen zu jeder Aufführung mehr Besucher, am Schlussabend war die Aula fast schon überfüllt. Diesen Abend hatte auch Schulleiter Dr. Tobias Angert gewählt, um die Arbeit der Theater-AG zu würdigen und allen Akteuren zu danken. Das Ensemble wiederum dankte den Technikern der Licht-AG und Ton-AG um den Pädagogen Rudolf Lasnitschka, den Helfern an der Kasse und Getränkeausgabe," den Hausmeistern für ihre Geduld" und Kunstlehrerin Ute Koschig für Rat und Tat bei der Kostümierung.