Szenische Lesung in der St.-Lioba-Schule hinterließ tiefen Eindruck
"Du stirbst für etwas, für das es sich zu sterben lohnt" schrieb Freya von Moltke im Herbst 1944 an ihren Mann Helmuth James, der als Widerstandskämpfer in der Berliner Haftanstalt Tegel auf seine Hauptverhandlung und die so gut wie sichere Hinrichtung durch den Henker wartete. In einem anderen Brief bescheinigt von Moltke seiner Freya: "Ich bin stolz, eine Frau zu haben, die das meistert, was uns bevorsteht" .Nur zwei bemerkenswerte Sätze aus den "Abschiedsbriefen", die Claudia Schwartz und Jan Uplegger am Freitag-Morgen in der Aula der St.-Lioba-Schule in szenischer Lesung vortrugen. Gekommen waren die beiden Berliner Schauspieler auf eine Einladung des Geschichtslehrers Hans Peter Wavra, um den Schülerinnen und Schülern der E-Phase am konkreten Beispiel die Bedeutung des Widerstands gegen Hitlers irrwitzige Politik zu verdeutlichen. Beide zeigten sich stark beeindruckt von der erst 2011 erfolgten Veröffentlichung der "Abschiedsbriefe", die erst mit dem Tod der sehr alt gewordenen Witwe von Helmuth Graf von Moltke möglich wurde. Sie beschlossen, den Inhalt dieser Briefe in angemessenerr Aiswahl und Form jungen Menschen von heute vorzutragen, was sie seither in vielen Schulen und anderen Bildungseinrichtungen mit beeindruckender Intensität und förmlich greifbarer Wirkung taten. Wavra erinnerte in einer kurzen Einführung daran, dass die Schule in Trägerschaft des Mainzer Bistums nicht zuletzt durch die Ausstellung zum Thema Widerstand im Jahr 2014 und diverse Vorträge die nachhaltige Wirkung des deutschen antifaschistischen Widerstandes gewürdigt habe. Er betonte die mit dem Namen "Kreisauer Kreis" untrennbar verbundenen Altivitäten von Helmuth James v. Moltke, der im Unterschied zu den Männern um Stauffenberg nicht an den Tyrannenmord glaubte und sich mit seinen Mitverschwörern mit Plänen zu einer demokratischen Neuordnung nach dem erhofften Zusammenbruch der Naziherrschaft und dem ersehnten Ende des 2 Weltkrieges gewidmet habe .Dass ein Briefwechsel zwischen einem in der Todeszelle wartenden Antifaschisten und seiner Ehefrau überhaupt möglich wurde, bezeichnete Wavra als "beinah unfassbar" und würdigte Gefängnispfarrer Harald Poelchau, der ihn erst ermöglichte, indem er die Briefe aus der Haftanstalt schmuggelte.Die Lesung, die von Schwartz und Uppleger in beeindruckendem Einfühlungsvermögen, das ihre intensive Beschäftigung mit der Materie verriet, vorgetragen wurde, enthielt einige Überraschungen. Deutlich wurde in den Schreiben, dass Helmuth James und seine Freya auch angesichts der dem Widerstandskämpfer drohenden Hinrichtung sich noch enger als in der Zeit des Zusammenseins verbunden fühlten. Das wurde in einem Traum klar, in dem der Inhaftierte sich seiner Frau wie siamesische Zwillinge verbunden sah, so dass der Henker irritiert zwei Hinrichtungen statt einer vornehmen musste. .Überrraschend außer der eher noch wachsenden Nähe zwischen den Eheleuten auch der Umstand, im Angesichts des Todes von Moltke zu hören, dass es ihm "überraschend gut geht angesichts der Umstände" .Freya bestärkte ihren Mann:"Ich glaube an den Sinn, wenn du jetzt sterben musst", und versprach, "für dich und die Söhnchen zu leben". Hätte man schon während der Lesung eine Stecknadel zu Boden fallen hören können, so herrschte zunächst betroffene Stille im Auditorium, bevor gewaltiger Beifall die Künstler belohnte. Auf die Aktualität des Themas angesprochen, war von Schülern zu hören, dass in Deutschland jetzt Demokratie herrsche, aber in vielen Ländern unserer globalisierten Welt Regime an der Macht seien, " die mit ihren Gegnern wie die Nazis umgingen". Beeindruckt zeigte sich auch Schulleiter Bernhard Marohn, der die Schauspieler zum Wiederkommen einlud. Wavras Wunsch könnte sich bewahrheiten: "Möge auch dieser Briefwechsel, liebe Schüler ,bei euch zur Erkenntnis beitragen, in mutigen Kämpfern gegen die Diktatur eure Vorbilder für ein entschlossenes Eintreten für eine demokratische Zivilgesellschaft und gelebte ethische Werte zu sehen !"
Hans- Wolfgang Steffek