St.-Lioba-Schüler diskutierten mit früherem WZ-Redakteur und heutigem Giessener Vize-Landrat über „Politik und Medien“
„Bestimmen die Medien die Politik oder die Politik die Medien?“. Das war nur eine von vielen Fragen, die kürzlich Schüler des Leistungskurses Politik und Wissenschaft des katholischen St.-Lioba-Gymnasiums ihrem Gast stellten. Auf Einladung ihres Lehrers Horst Lang war der frühere Redakteur der Wetterauer Zeitung und heutige Giessener Vize-Landrat Dirk Oßwald (Freie Wähler) im Rahmen einer Reihe von Gastreferaten in die Bad Nauheimer Schule gekommen. Schulleiter Dr. Tobias Angert dankte in seiner Begrüßung dem Leistungskursleiter Horst Lang für seine gelungene Initiative, Schule und Gesellschaft stärker zu verbinden und wechselseitiges Verständnis zu schaffen. Er ermunterte die Oberstufenschüler zu stärkerem politischem Engagement und zur offenen Diskussion. Schnell entbrannte nach den einführenden Worten eine intensive Diskussion zwischen den Schülern der 13. Jahrgangsstufe, die kurz vor dem Abitur stehen, und dem 42jährigen Kommunalpolitiker aus dem Nachbarkreis. Er verbinde in seiner Biografie „Politik und Medien“, hatte Lang den Referenten vorgestellt, weshalb er theoretische wie praktische und persönliche Einblicke in beide Berufe und das tägliche Leben geben könne. Eine Erwartung, die Oßwald nach Meinung des Pädagogen wie der jungen Zuhörer und Diskutanten erfüllen konnte.
Er berichtete zunächst kurz von seinem Werdegang, der als freier Journalist zu Schülerzeiten begann, sich über den Wehrdienst im Pressestab des Verteidigungsministers in Bonn fortsetzte, um dann die verantwortungsvolle Position des Vize-Landrats mit Zuständigkeiten für Finanzen, Jugend- und Soziales, Gesundheit, Veterinärwesen und Verbraucherschutz mit 300 Mitarbeitern und 280 Mio. € Budgetverantwortung zu übernehmen.
Die Lioba-Schüler fragten zunächst nach konkreten Aufgaben von Kreisverwaltungen. Oßwald nannte ein breites Portfolio von Trinkwasser-Hygienekontrollen, Kinder- und Jugendschutz bis zur Organisation des kompletten Rettungsdienstes oder des Kfz-Zulassungsdienstes. Oßwald verwies darauf, dass er und seine hauptamtlichen Kolleginnen im Giessener Kreisausschuss die politische (Gesamt-)Verantwortung und –Steuerung trügen und es in allen Fachämtern Spezialisten gebe mit entsprechender Fachausbildung.
Dass zwischen Politik und Medien eine intensive Wechselbeziehung existiere, beide aufeinander angewiesen seien und der jeweilige Erfolg ohne den anderen nicht funktioniere, machte Oßwald sodann am erfolgreichen Beispiel der Bundesrepublik und ihrer freien Presse deutlich. Unabhängige Medien, deren Fusions-Möglichkeiten stark eingeschränkt seien, gewährleisteten in Deutschland bis heute eine vielgliederige Presse- und Rundfunklandschaft. Enge Verbindungen zwischen Politik und Medien seien nötig, etwa für demokratische Kontrolle. Zu enge Verbindungen böten aber immer auch die Gefahr der (beiderseitigen) Einflussnahme. Am Beispiel des Medienkanzlers Schröders oder des über die Boulevard-Presse zuerst „hochgeschriebenen“, später demontierten Ex-Bundespräsidenten Wulff diskutierten die Schüler mit Oßwald Chancen und Risiken eines innigen Verhältnisses zwischen Politik und Medien. Die letzte Frage der Schüler war zugleich eine entscheidende: „Was macht einen guten Journalisten aus“, fragten sie. Oßwalds Antwort fiel kurz aus: Unabhängigkeit.(Foto: has)