Stefan Kolb führt Tombola-Gewinner
Eine nicht zu übersehende Gruppe zog am 5. Oktober mit dem Autor Stefan Kolb durch die Bad Nauheimer Innenstadt, um sich die Orte zeigen zu lassen, an denen jüdisches Leben bis heute greifbar und erfahrbar wird. Dabei handelte es sich überwiegend um Personen, die ihren Gewinn von der Tombola auf dem diesjährigen Lioba-Brunch einlösten. Auch einige Lehrer und Mitglieder des Leistungskurses in Geschichte sowie Schulpfarrer Ernst Widmann, der die Idee zu dieser Begegnung der Religionen hatte, schlossen sich der Führung an.
Der erste Weg führte von der Sankt Lioba Schule über das ehemalige Grand Hotel zur jüdischen Synagoge, die bei den antijüdischen Pogromen vom November 1938 nicht verbrannt worden war. Man sagt, die angrenzende Bebauung durch Häuser, in denen Nazi-Familien wohnten, sei dafür verantwortlich gewesen. Stefan Kolb trennte allerdings nicht nur in diesem Fall zwischen überlieferten Vermutungen und historischem Wissen, denn als ehemaliger Geschichts- und Politiklehrer legt der bekannte Bad Nauheimer Wert auf eine exakte Bewertung der einer Information zugrundeliegenden Quellen.
An der Buber-Rosenzweig-Stiftung vorbei ging es in die Fußgängerzone, wo Kolb auf die zahlreichen jüdischen Geschäfte hinwies, die hier einmal ansässig waren. Auch eine zweite Synagoge war hier einmal zu finden, von der heute aber nichts mehr zu sehen ist. Einen längeren Stopp legte Kolb am neuen Mahnmal für die aus Bad Nauheim deportierten und ermordeten Juden ein. Die Nennung aller Namen hat für die jüdische Tradition eine besondere Bedeutung und macht das konkrete Ausmaß des Holocausts in einer Kleinstadt wie Bad Nauheim anschaulich.
Überraschenderweise ließ die Führung auch das Denkmal für Elvis Presley nicht aus. An seinem zweiten Vornamen „Aaron“ wird schon deutlich, dass seine Mutter Jüdin war und er in vielen Dingen das jüdische Denken vermittelt bekam. Mit einem Blick auf einige stattliche Bürgerhäuser, in denen jüdische Ärzte wohnten und zum Teil auch praktizierten, endete die Führung.
Schüler, Eltern und Lehrer waren beeindruckt von der lebendigen Art, mit der Stefan Kolb seinen Gang durch einen Teil der Bad Nauheimer Geschichte vermittelte. Aber auch die schier überbordende Sachkenntnis Kolbs ließ die Zuhörer immer wieder staunen. Der Autor des Buchs „Juden in Bad Nauheim“ ist auch Mitglied der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und hat selbst einen Juden zum Vater. Seinerseits hat sich Kolb über den niedrigen Altersdurchschnitt seiner Hörergruppe gefreut, denn: „Gerade die jungen Menschen in Deutschland müssen erfahren, was zwischen 1933 und 1945 geschehen ist, und daraus die richtigen Lehren ziehen.“