Am 22.04.2017 trafen sich 8 Kinder sowie Dr. Stefan Brückmann und Ramona Hoeppner zum 3. Termin des derzeitigen Workshops zur Besichtigung der Privatbibliothek im Schloss Laubach. Die Besichtigung der Bibliothek ist nur nach vorheriger Terminvereinbarung möglich, die Führung durch die historischen Bestände wird vom Ehepaar Burkhard und Trautel Wellenkötter organisiert. Die Bibliothek verwaltet ausschließlich die im Privatbesitz befindlichen Bestände der Gräflich Solms'schen Bücher, derzeitiger Besitzer ist Karl Georg Graf zu Solms-Laubach.
Die Bibliothek der Grafen zu Solms-Laubach entstand Mitte des 16. Jahrhunderts. Die Büchersammlung sollte vorwiegend der 1555 gegründeten Lateinschule Rechnung tragen. Von Anfang an bis in das 19. Jahrhundert hinein fungierte die Bibliothek als Landesbibliothek. Zudem begünstigte das große private Interesse des in Laubach regierenden Grafen Friedrich Magnus I. Entstehung und Vergrößerung der Bibliothek. Friedrich unterhielt gute Beziehungen zu Melanchthon, welcher ihn auch beim Aufbau der Bibliothek unterstützte.
Der Wert des heutigen Bestandes liegt in der Anzahl von außergewöhnlichen Kostbarkeiten, die Bibliothek konnte sich ungestört kontinuierlich entwickeln. Ermöglicht wurde dies vor allem dadurch, dass die Laubacher Grafen ausnahmslos Bücherfreunde, bzw. ausgesprochene Büchernarren waren.
Die Laubacher Bestände sind aber nicht ausschließlich nach den Bedürfnissen der Landesregierung oder den persönlichen Interessen der Grafen vermehrt worden, sondern sie rekrutieren sich auch aus Schenkungen und aus der Übernahme ganzer Bibliotheken. Deren älteste ist wohl die Bibliothek des Gelehrten Gervasius Sopher. Graf Friedrich Magnus I. erwarb die geschlossene Büchersammlung Sophers. Sonst kaum auffindbare Straßburger Reformationsdrucke mit Benutzer- und Widmungseintragungen kamen so in Laubacher Besitz.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde durch die verschiedenen Besitzer der Bestand stetig erweitert und auch die Schwerpunkte regelmäßig verschoben. Es finden sich Werke zu Religion, Justiz, Medizin, Naturwissenschaften, Wirtschaft, Literatur. Viele Schriften liegen nur in lateinischer Sprache vor.
Die Bibliothek wächst auch heute noch, die Handbibliotheken der Grafen kommen hinzu und auch weitere Schenkungen.
Ein besonderes Merkmal der Bibliothek sind die sehr besonderen Einbände. Die Tatsache, dass immer Buchbinder beschäftigt wurden, belegt einerseits die Liebe der Grafen zu ihrer Bibliothek: Die Bücher sollten geschützt und damit erhalten werden. Andererseits bieten die jeweils zeitgenössischen Einbände einen guten Einblick in die Geschichte der Buchbinderkunst.
Passend zum Jubiläum wurde eine Sonderausstellung zur Reformation mit Schriften von Luther und seinen Gefährten gestaltet. Es finden sich zahlreiche Schriften Luthers (ab 1535) mit Schmucktitelblättern und Holzschnitten sowie Werke Melanchthons und Calvins. Das Gesamtwerk Luthers liegt in einer Ausgabe von Christfried Sagittarius (1617-1689) vor.
Besonders interessant waren neben den reich verzierten Einbänden die originalen Schriften in lateinischer und altdeutscher Sprache.
Insgesamt war es eine sehr interessante und lehrreiche Exkursion, solche historischen Bücher sieht man nicht alle Tage. Für die Kinder war beeindruckend, mit wieviel Mühe sich das Ehepaar Wellenkötter um die Bücher kümmert, so werden diese nur mit Handschuhen angefasst, und die Einbände bedürfen regelmäßiger Pflege.
Schön war für die Begleiter von der Sankt Lioba Schule zu hören, dass das Ehepaar Wellenkötter trotz anfänglicher Skepsis über das Alter der Kinder am Ende sehr begeistert war, wie interessiert und wissbegierig die Gruppe an der Führung teilgenommen hat. So wurde aus der veranschlagten Stunde kurzerhand eine 90-Minuten-Führung, weil einfach so viele Fragen beantwortet werden mussten, und das trotz eisiger Temperaturen, denn die Bibliothek wird nicht geheizt.
Text: Ramona Hoeppner
Bild: Dr. Stefan Brückmann