Sankt Lioba Schule kooperiert mit heimischem Systemhaus
Brille, Bart und blass: So werden IT-Fachleute gern karikiert. Doch in Zukunft greift das nicht mehr, wenn es nach Ute Schremser und Gordon Kirstein geht. Gemeinsam werden die Lehrerin und der Unternehmer aus Bad Nauheim ein bundesweit einmaliges Schulprojekt umsetzen. Sein Name: IT-Security Girls.
Nach den Sommerferien bietet die Sankt Lioba Schule eine freiwillige Arbeitsgemeinschaft zur IT-Sicherheit mitsamt fünftägigem Bootcamp zum Abschluss an. „Das Einzigartige an dieser AG ist, dass nur Mädchen teilnehmen dürfen“, sagt Ute Schremser mit einem Lächeln. Ziel ist es, ihnen einen Zugang in dieses eher von Jungen dominierte Feld zu geben und damit den Freiraum, es ohne Konkurrenz kennenzulernen. „Wir sind sicher, dass sich viele Mädchen dafür interessieren, sich aber nicht trauen oder es ihnen nicht zugetraut wird“, erläutert Gordon Kirstein. Der Unternehmer und IT-Sicherheitsexperte hatte die Idee zu dieser AG und mit Ute Schremser die richtige Unterstützerin gefunden.
„Die Industrie und Behörden suchen händeringend nach IT-Experten und Programmierern. Europaweit dürften bis Ende des Jahres geschätzt eine Million Stellen unbesetzt sein“, weiß Kirstein. Als Mitglied eines EU-Forums zur Digitalisierung und IT-Unternehmer kennt er die Problematik sowohl theoretisch als auch praktisch: „Bewerbungen von Mädchen auf einen Ausbildungsplatz oder für ein Praktikum sind die absolute Ausnahme“. Dabei ist vor allem IT-Sicherheit nicht mal auf dem Papier ein typischer Männerberuf. „Hier sind sehr unterschiedliche Kompetenzen, Kenntnisse und Kreativität gefragt.“
Die Schul-AG, die sich an Schülerinnen der siebten bis zehnten Klasse richtet, will in erster Linie aufklären und Interesse wecken. Gordon Kirstein: „Viren und Würmer, Trojaner und Phishing-Attacken: Wer online unterwegs ist, kommt zwangsläufig irgendwann mit den unschönen und unseriösen Seiten des Internets in Kontakt. Das ist normal.“ Wichtig sei, die Gefahren zu erkennen und sie zu minimieren oder sogar zu eliminieren. „Es handelt sich um einen sehr wichtigen Bereich der IT.“, erläutert er: „Und der hat nicht unbedingt etwas mit Informatik oder Programmieren zu tun, sondern mit Technik, Logik und ein bisschen Gefühl für die Werkzeuge, die einem zur Verfügung stehen.“
Mit seiner Idee überzeugte der IT-Fachmann nicht nur Ute Schremser, sondern auch deren Chef. Schulleiter Bernhard Marohn erkannte die Chancen des Projekts sofort und stellte die Weichen, dass die AG nach den Ferien beginnen kann. Damit ist die Sankt Lioba Schule die erste Schule in der Bundesrepublik, die in dieser Form Mädchen für IT-Sicherheit begeistern will.
Andere werden schon im kommenden Jahr nachziehen. Initiator Kirstein: „Wir stehen bereits in Kontakt mit Schulen aus Bonn, Hamburg und Hildesheim, die dieses Projekt auch umsetzen wollen.“ Ebenfalls aufmerksam auf die AG geworden ist die EU: Bei einer live im Internet gestreamten Veranstaltung durfte Gordon Kirstein das Konzept der AG dem EU-Forum zum Thema „Women in Cybersecurity“ vorstellen. „Die Zukunft der IT-Sicherheit muss weiblicher werden“, findet Kirstein, „und das beginnt hier in Bad Nauheim.“
Text und Bilder: Movetech